Morbus Bechterew – das Rheuma der jungen Leute – wird oft erst spät erkannt. Dabei ist eine frühe Therapie wichtig, um Verknöcherungen der Wirbelsäule zu verhindern. Dank moderner Medikamente lässt sich die Krankheit recht gut in den Griff bekommen. Eine Patientin berichtet. Von Mag. Regina Modl
Normalerweise bekämpft das Immunsystem Eindringlinge wie Viren oder Bakterien. Bei Morbus Bechterew, auch ankylosierende Spondylitis (AS) genannt, richtet sich jedoch die körpereigene Abwehr gegen Knochen- sowie Knorpelgewebe und verursacht, vor allem im Bereich der Wirbelsäule schmerzhafte Entzündungen. Bei Susanne Haberl machte sich die Erkrankung mit Anfang zwanzig das erste Mal bemerkbar. „Es war ein Schmerz im Bereich der Schulter, wie ein Hexenschuss. Ich habe gedacht, das kommt vom Sitzen. Obwohl ich immer sehr sportlich war, ich ging Snowboarden, viel Wandern in den Bergen und machte Kampfsport“, erzählt die heute 31-Jährige. Die Beschwerden wurden immer schlimmer. „Als nichts half und zusätzlich noch Symptome wie Sehnenscheidenentzündung und Knieschmerzen auftraten, riet mir schließlich der Sportmediziner, den ich immer aufsuchte, zu einem Rheumatologen zu gehen“, so die gebürtige Steirerin, die mittlerweile in Wien lebt.
Die Diagnose war ein Schock
Die junge Frau wurde sofort ins Krankenhaus geschickt, wo verschiedene Tests, wie Magnetresonanztomografie und Blutuntersuchungen gemacht wurden. „Dabei zeigte sich, dass ich HLA-B27 positiv bin. Diese genetische Komponente hat die Verdachtsdiagnose Morbus Bechterew weiter erhärtet.“ Nach etwa einem Jahr kannte Susanne Haberl nun endlich die Ursache für ihre Beschwerden. Viele Betroffene warten darauf noch deutlich länger. „Ich hatte großes Glück, gleich an der richtigen Stelle gelandet zu sein“, berichtet sie weiter: „Die Diagnose, eine unheilbare Krankheit zu haben, ist im ersten Moment ein ziemlicher Schock, den man erstmal überwinden muss.
Doch ich habe für mich beschlossen, die Vorstellung von ,unheilbar‘ in ,aufhaltbar‘ zu ändern.“ Die anfängliche Behandlung mit Antirheumatika brachte jedoch keinen Erfolg. „Die Entzündungsaktivität nahm weiter zu. Ich habe es kaum mehr ausgehalten“, erinnerte sich die junge Frau an die schwierige Zeit zurück. Immer wieder traten starke Schübe auf, die der damals 23-Jährigen nicht nur körperlich schwer zu schaffen machten. „Nach jedem dieser Schübe bin ich in ein Loch gefallen.“ Doch Aufgeben war keine Option. Schließlich wurde die Therapie geändert und Frau Haberl bekam eine Injektionstherapie mit sogenannten Biologika (therapeutische Antikörper), die direkt auf das Immunsystem einwirken und die Entzündungen hemmen. „Zusätzlich zu den Medikamenten probierte ich alternative Methoden, wie Entspannungstechniken und Hypnose und ging zur Psychotherapie. Denn es ist auch wichtig, die Psyche zu trainieren. Ich habe mich immer über Behandlungsmöglichkeiten informiert. Der Austausch in der Selbsthilfegruppe hat mir ebenfalls sehr geholfen.“
Glück und neue Lebensqualität
Im Jahr 2019 wurde die junge Frau schwanger und die Therapie musste auf ein anderes Arzneimittel umgestellt werden. „Dieses vertrage ich sogar besser als das vorherige. Früher war ich sehr anfällig für Infekte, jetzt arbeitet mein Immunsystem gut und ich bin relativ schmerzfrei. Ich hatte auch keine Schübe, als ich einmal mit dem Medikament pausieren musste. Sport ist ebenfalls wieder möglich. Ich gehe Wandern, auch Snowboarden übe ich nach wie vor aus – aber alles mit Maß und Ziel.“ Das Wichtigste sind jedoch ihre kleinen Zwillinge.
Rückblickend kann Susanne Haberl ihrer Erkrankung sogar Positives abgewinnen: „Sie war für mich auch ein ,Glücksfall‘. Ich bekam dadurch viele neue Chancen und habe mein Leben verändert. Damals investierte ich viel Energie in einen Job, der mich nicht glücklich machte. Um mit meiner Krankheit klar zu kommen, begann ich mit 25 Jahren noch einmal zu studieren, habe viel an mir gearbeitet und meine Lebensfreude entdeckt.“ Neben ihrem Studium ist die junge Frau für die Selbsthilfegruppe bei Workshops tätig und nimmt an Diskussionen teil. Anderen Betroffenen rät sie: „Sich nicht hängen lassen und Hilfe suchen. Auch für die Psyche. Wichtig ist, ein mündiger Patient zu sein, sich zu informieren, mehrere Meinungen einzuholen und dran zu bleiben.“ Susanne Haberl ist wieder schmerzfrei. Sie genießt ihr Leben und auch das Wandern in den Bergen.
INFOS UND UNTERSTÜTZUNG
• Österreichische Vereinigung Morbus Bechterew: www.bechterew.at
• Die #Rheumunity für mehr Lebensqualität: Tipps, Selbsttest, etc., www.lebenmitrheuma.at