Wie Kur- oder Reha-Aufenthalte für Gesundheit sowie Wohlbefinden sinnvoll sein können und welche Unterschiede es gibt. Von Dr. Eva Greil-Schähs
Was habt ihr Österreicher immer mit eurer Kur? Anscheinend geht ihr nicht auf Urlaub in Hotels, sondern Kuranstalten“, neckte mich unlängst ein deutscher Kollege.
Und ganz Unrecht hat er nicht, nehmen doch laut österreichischen Sozialversicherungsträgern jedes Jahr mehrere Zehntausend Menschen an solchen Programmen teil.
Zeit, zu erläutern, warum diese durchaus sinnvoll sein können – wenn der Patient das Gelernte auch zu Hause weiterhin umsetzt und die (zumeist) drei Wochen gleichsam als Startschuss für einen gesünderen Alltag wahrnimmt.
Eine heimische Tradition
Diese Art der Gesundheitsvorsorge stellt hierzulande tatsächlich einen wichtigen Bestandteil des Gesundheitssystems dar und gilt unter etlichen Personen bereits als Tradition. Diese Maßnahmen werden überdies von Krankenkassen zumeist finanziell unterstützt, sofern eine medizinische Notwendigkeit vorliegt.
Insgesamt kann eine Kur eine wertvolle Gelegenheit bieten, sich intensiv um die eigene Gesundheit zu kümmern, vorbeugende Maßnahmen für langfristiges Wohlbefinden zu ergreifen und dabei professionelle Unterstützung zu erhalten. Ein wesentliches Merkmal stellt die Anwendung natürlicher Heilvorkommen, wie etwa Heilwasser, Schwefel oder Heilmoor, dar. Dabei wird im Körper eine Reaktion hervorgerufen, die dazu beiträgt, Beschwerden zu lindern oder sogar zu heilen.
Kein Herumliegen mehr
Doch die klassische Kur hat ausgedient, nur „herumzuliegen“ und sich massieren zu lassen, ist heute keine Option mehr. Abgelöst hat sie die so genannte „Gesundheitsvorsorge Aktiv“ oder kurz GVA genannt. Denn eine Kur soll, auch wenn der Erholungseffekt und der Abstand vom Alltag essenziell sind, kein „normaler“ Urlaub sein.
Ganz im Gegenteil ist die aktive Mitarbeit von jedem Einzelnen gefordert. Die GVA wird vor allem für Menschen angeboten, welche an Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates – den weitaus häufigsten Beschwerden – leiden. Es geht darum, Erwerbstätige dabei zu unterstützen, die Arbeitsfähigkeit dauerhaft zu erhalten und Pensionisten, drohenden Pflegebedarf zu vermeiden.
Was hat sich verändert?
Bei einer normalen Kur waren es bisher 1000 Therapieminuten, die absolviert werden mussten, bei der neuen „Gesundheitsvorsorge Aktiv“ bewältigen die Patienten sogar 1400 Minuten. Das bedeutet, sie erhalten mehr Therapien als zuvor. Früher wurden außerdem die traditionellen Kurmittel, wie etwa Moorpackungen etc., öfter verschrieben.
Nun rückt man aktive Bewegungstherapien in den Vordergrund, während eben passive Behandlungen seltener angewendet werden. Die modernen Kurgäste bewegen sich nicht nur viel mehr, es wird auch auf ihre individuellen Problemstellungen eingegangen. Neben den sportlichen Einheiten wird etwa auch Modulen zu mentaler Gesundheit und ausgewogener Ernährung viel Zeit eingeräumt.
Es gibt bei Bedarf sogar Raucherberatung. Grundsätzlich dauert eine GVA aber 22 Tage und ist immer ein stationärer Aufenthalt. Sie kann aber auch in zwei Teile gesplittet werden, sofern medizinisch nichts dagegenspricht. Das kommt jenen zugute, die drei Wochen auf einmal – etwa wegen des Jobs, der Kinder oder der Pflege anderer Personen – nicht erübrigen können. In diesem Fall werden zunächst zwei Wochen absolviert, die dritte dann innerhalb von sechs Monaten.
Wem nutzt die Gesundheitsvorsorge?
Laut Medizinern klagt der klassische GVA-Patient über Schmerzen im Rücken, in der Halswirbelsäule bis Lendenwirbelsäule, hat vielleicht Schulter-, Sprunggelenk- oder Kniebeschwerden. Es liegt kein unmittelbarer Unfall oder operativer Eingriff vor, die Werte dieser Personen präsentieren sich als normal.
Sie haben keine Probleme mit Blutdruck oder erhöhten Blutfetten sowie Harnsäure. Ihnen gemein ist aber meistens: Sie sind leicht übergewichtig und stressgeplagt. Naturgemäß sollten Kurgäste, welche zu einer GVA geschickt werden, diese – mitsamt den intensiven Bewegungsmodulen – auch wirklich bewältigen können.
Wer unter starken chronischen Schmerzen leidet, unmittelbar zuvor einen Unfall oder einen Eingriff hatte, der ist für das straffe Programm nicht geeignet und wahrscheinlich überfordert. Ebenso wie Patienten mit schweren psychischen Vorerkrankungen. Nicht zu unterschätzen sind auch nötige ausreichende Deutschkenntnisse, um von den interaktiven Workshops zu profitieren.
Erholung nach Covid-Leiden
Für Post-Covid- oder Long-Covid-Patienten gibt es mittlerweile eigene Rehabilitationsaufenthalte. Viele der Betroffenen klagen über Probleme beim Atmen, beträchtlichen Leistungsverlust sowie generelle Probleme, den Tagesablauf nicht mehr bewältigen zu können. Schlaf und Erholung bessern die Beschwerden nicht ausreichend.
Eine Covid-Erkrankung befällt zwar mehrheitlich die Lunge, kann aber durchaus auch andere Organe betreffen, je nachdem, an welchen Rezeptoren das Virus im Körper angedockt hat. Es vermag ebenso zu neurologischen Beeinträchtigungen wie zu psychischen Belastungen kommen. Eine Infektion mit Corona-Viren beeinträchtigt mitunter auch das Herz-Kreislauf-System.
Sogar vermeintlich leichte Verläufe haben bei manchen Spuren hinterlassen. Es gilt: Muskelaufbau, Atemtraining, Traumabewältigung – nach einer schwerer verlaufenen Corona-Infektion braucht der Körper gezielte Therapie.
Warum sich eine Auszeit lohnt
Tausende Österreicher entscheiden sich jährlich dazu, sich diese Auszeit zu nehmen. GVA wird vom Arzt verordnet, um (chronische) Beschwerden zu verhindern oder zu lindern. Weiters wird die allgemeine Gesundheit gefördert sowie das Immunsystem gestärkt. Patienten berichten davon, dass ihnen eine Kur die Möglichkeit bot, dem Alltagsstress zu entfliehen, sich zu entspannen und neue Energie zu tanken.
Körperliche und geistige Leistungsfähigkeit wird wiederhergestellt. Wichtig für den Erfolg ist ebenfalls ein auf den Patienten zugeschnittenes Programm, basierend auf medizinischen Untersuchungen. Physiotherapie, Bewegungsprogramme, Ernährungsberatung und Entspannungstechniken werden angepasst. Ärzte und Therapeuten stehen für Beratung und Unterstützung zur Verfügung, um auf individuelle Beschwerden einzugehen.
Nicht zu unterschätzten ist die entspannende Komponente, welche eine schöne Landschaft mit sich bringt, befinden sich doch Kurorte oft in attraktiven Gegenden. Wer nicht will, bleibt nicht lange allein! Die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen, die ähnliche gesundheitliche Anliegen haben, wird von den meisten als unterstützend empfunden. Gemeinsame Module und Sporteinheiten „schweißen“ die Kurgäste ebenfalls zusammen. Denn, um sich wohlzufühlen, darf natürlich auch der Spaß nicht zu kurz kommen.
Wie gerade Frauen profitieren können
Hand aufs Herz, Frauen nehmen sich viel zu selten jene Zeit, die sie für sich selbst brauchen würden. Alle anderen gehen zumeist vor: Die Familie, der Job etc. Viele jonglieren berufliche und familiäre Verpflichtungen, was die meisten stresst und erschöpft. Eine Kur bietet dann Auszeit zur Selbstfürsorge.
In der Auszeit gilt es dann auch, sich „gesundheitlich-weiblichen“ Herausforderungen, wie zum Beispiel hormonellen Schwankungen oder Wechseljahre, anzunehmen. So gibt es eben Kuren, die auf spezifische Frauenthemen zugeschnitten sind. Dazu zählen Osteoporosevorsorge, Beckenbodentraining oder Unterstützung des Hormonhaushalts.
Für zu Hause viel mitnehmen
Wer nun glaubt, dass eine GVA ihn für immer gesund und fit hält, irrt natürlich. Die Maßnahmen, welche dort getroffen wurden, die Übungen, die man erlernt hat oder die Ernährungspläne, welche einem erstellt wurden, können immer nur erste Schritte Richtung gesunder Lebensstil sein. Wichtig ist es, wenn man den Aufenthalt beendet hat, die neu gewonnenen Erkenntnisse für eine gesündere Lebensweise auch in den Alltag zu integrieren, damit auch langfristig Verbesserungen gesichert sind.
Was bedeutet Reha?
Im Gegensatz zur Kur besteht die Aufgabe der medizinischen Rehabilitation (kurz: Reha) in der Wiederherstellung der Gesundheit, wenn diese durch einen Unfall oder eine Erkrankung eingeschränkt ist. Während in einem Krankenhaus die akute Heilung im Mittelpunkt steht, geht es bei der Rehabilitation vor allem darum, dass der Patient nach so einem Ereignis wieder in sein Leben zurückfindet.
In der Regel werden Rehabilitationen im Anschluss an ein akutmedizinisches Ereignis (z.B.: Herzinfarkt oder Gelenksoperationen) durchgeführt oder bei schweren chronischen Erkrankungen. Um eine Rehabilitation zu erhalten, muss sowohl die Rehabilitationsbedürftigkeit (medizinische Gründe) als auch die Rehabilitationsfähigkeit (körperliche und psychische Voraussetzung für die Teilnahme) gegeben sein.
Grundsätzlich gilt, dass eine Reha stationär oder ambulant durchgeführt werden kann. Bei der stationären Variante übernachtet man für die Dauer des gesamten Aufenthalts in einem speziellen Zentrum. Ambulante Rehabilitation bedeutet hingegen, dass der Patient mehrere Tage pro Woche ein Zentrum besucht, dort aber nicht nächtigt. Es werden zwischen verschiedenen Phasen unterschieden.
Phase 1 findet zumeist noch in einem Krankenhaus statt und dient, z.B. nach einer Operation, dazu, die grundlegende Mobilität wieder zu erlangen. Die Phasen 2 und 3 werden in spezialisierten Rehabilitationszentren durchgeführt. Die Experten zielen zunächst auf Erhaltung und Wiedergewinnung der Fähigkeit zur Berufsausübung sowie zur sozialen Wiedereingliederung ab. Danach sollen Betroffene das Erlernte stärken sowie festigen. Das kann ambulant durchgeführt werden.
Motiviert bleiben
Egal, ob GVA oder Reha – von größter Bedeutung ist es, die neu gewonnenen Erkenntnisse für eine gesündere Lebensweise in seinen Alltag zu integrieren. Nur wer motiviert bleibt, schafft es, langfristige Verbesserungen von Gesundheitszustand und Wohlbefinden zu erreichen. Tipps und Tricks dafür kann man eben „auf der Kur“ erlernen.